RezensionRoman
DIE ALLERTRAURIGSTE GESCHICHTE, jenes Buch, das Ford Madox Ford an seinem 40. Geburtstag niederschrieb, "um zu zeigen, was er konnte", erreichte mich im Herbst des letztes Jahres. Ford Madox Ford erfuhr, so Julian Barnes in seinem Nachwort, zeitlebens nicht die Würdigung, die sein literarisches Schaffen verdient hätte. Ich habe gute sechs Monate für das Auslesen des Romans gebraucht. Heute habe ich die letzten Kapitel gelesen und möchte mich vor Ford Madox Ford verneigen. DIE ALLERTRAURIGSTE GESCHICHTE ist ein Buch, das ich sicher nicht mehr vergessen werde.
Buchempfehlung: DIE ALLERTRAURIGSTE GESCHICHTE von Ford Madox Ford
DIE ALLERTRAURIGSTE GESCHICHTE, jenes Buch, das Ford Madox Ford an seinem 40. Geburtstag niederschrieb, "um zu zeigen, was er konnte", erreichte mich im Herbst des letztes Jahres. Ford Madox Ford erfuhr, so Julian Barnes in seinem Nachwort, zeitlebens nicht die Würdigung, die sein literarisches Schaffen verdient hätte. Ich habe gute sechs Monate für das Auslesen des Romans gebraucht. Heute habe ich die letzten Kapitel gelesen und möchte mich vor Ford Madox Ford verneigen. DIE ALLERTRAURIGSTE GESCHICHTE ist ein Buch, das ich sicher nicht mehr vergessen werde.
Kochbuch
"Hasana" von Paola Gavin ist, möchte ich sagen, ein Kochbuch auch für Nichtköche. Zwar habe ich bereits einige der Rezepte, der "kulinarischen Reise durch zweiundzwanzig Länder" nachgekocht (dazu später mehr), aber viel öfter habe ich mich auf der Couch einfach nur in dem Buch blätternd wiedergefunden.
"Hasana" ist eine Sammlung von traditionellen vegetarischen jüdischen Gerichten. Die kulinarische Reise führt von der Atlantikküste (Hallo, Marokko!) über die Mittelmeerregionen und Osteuropa bis in den Orient. Entsprechend vielfältig fallend die Rezepte, die in "Vorspeisen und Salate", "Suppen", "Nudeln und Knödel", "Getreide", "Hauptgerichte", "Eier", "Gemüse" und "Desserts" unterteilt sind, aus. Von Couscous über gefüllte Auberginen bis zu Birnenstrudel, allein das Lesen des Registern lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Die Schönheit die bereits das Buchcover vermittelt, setzt sich im genauso Buch fort. Von den Fotos der Gerichte über das Layout und Schriftbild, "Hasana" ist ein liebevoll gestaltetes Schmuckstück. Lange lag das Buch deshalb als Coffeetable Book auf meinem Wohnzimmertisch bevor es seinen eigentlichen Platz in der Küche eingenommen hat. "Hasana", das im modernen Hebräisch "Ernährung" bedeutet, erklärt jüdische Feiertage ebenso wie es über die regionale Herkunft der verschiedenen Gerichte oder die religiösen Gebote, die für die Zubereitung gelten, informiert.
Die Rezeptanleitungen sind so gut strukturiert, dass das Nachkochen eine wahre Freude ist und jedes Gericht mit Sicherheit gelingt. Ich habe bereits diverse Pasta-Gerichte nachgekocht, sowie meinen Favoriten "Couscous mit sieben Gemüsesorten" (aus Marokko stammend). Bevor "Hasana" mein Küchenregal zierte, habe ich eine aus Marokko mitgebrachte und traditionell für Couscous verwendete Gewürzmischung namens Ras el-Hanout für "meinen Couscous" verwendet. Irgendwann hat sie sich dem Ende zu geneigt und ich war bei der Zusammenstellung der Gewürze auf mich allein angewiesen. Dank Paola Gavin, die alle Gewürze einzeln auflistet, die dem Couscous seinen köstlichen Geschmack geben, gelingt es nun wie mit der Würzmischung. Ich untertreibe: Es gelingt besser.
Hasana von Paola Gavin
Gebunden. 70 farbige Abbildungen.
256 Seiten. 29 Euro.
Kochbuch: Hasana von Paola Gavin
"Hasana" von Paola Gavin ist, möchte ich sagen, ein Kochbuch auch für Nichtköche. Zwar habe ich bereits einige der Rezepte, der "kulinarischen Reise durch zweiundzwanzig Länder" nachgekocht (dazu später mehr), aber viel öfter habe ich mich auf der Couch einfach nur in dem Buch blätternd wiedergefunden.
"Hasana" ist eine Sammlung von traditionellen vegetarischen jüdischen Gerichten. Die kulinarische Reise führt von der Atlantikküste (Hallo, Marokko!) über die Mittelmeerregionen und Osteuropa bis in den Orient. Entsprechend vielfältig fallend die Rezepte, die in "Vorspeisen und Salate", "Suppen", "Nudeln und Knödel", "Getreide", "Hauptgerichte", "Eier", "Gemüse" und "Desserts" unterteilt sind, aus. Von Couscous über gefüllte Auberginen bis zu Birnenstrudel, allein das Lesen des Registern lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Die Schönheit die bereits das Buchcover vermittelt, setzt sich im genauso Buch fort. Von den Fotos der Gerichte über das Layout und Schriftbild, "Hasana" ist ein liebevoll gestaltetes Schmuckstück. Lange lag das Buch deshalb als Coffeetable Book auf meinem Wohnzimmertisch bevor es seinen eigentlichen Platz in der Küche eingenommen hat. "Hasana", das im modernen Hebräisch "Ernährung" bedeutet, erklärt jüdische Feiertage ebenso wie es über die regionale Herkunft der verschiedenen Gerichte oder die religiösen Gebote, die für die Zubereitung gelten, informiert.
Die Rezeptanleitungen sind so gut strukturiert, dass das Nachkochen eine wahre Freude ist und jedes Gericht mit Sicherheit gelingt. Ich habe bereits diverse Pasta-Gerichte nachgekocht, sowie meinen Favoriten "Couscous mit sieben Gemüsesorten" (aus Marokko stammend). Bevor "Hasana" mein Küchenregal zierte, habe ich eine aus Marokko mitgebrachte und traditionell für Couscous verwendete Gewürzmischung namens Ras el-Hanout für "meinen Couscous" verwendet. Irgendwann hat sie sich dem Ende zu geneigt und ich war bei der Zusammenstellung der Gewürze auf mich allein angewiesen. Dank Paola Gavin, die alle Gewürze einzeln auflistet, die dem Couscous seinen köstlichen Geschmack geben, gelingt es nun wie mit der Würzmischung. Ich untertreibe: Es gelingt besser.
Vielen Dank an den DuMont Verlag für dieses (köstliche) Rezensionsexemplar!
Hasana von Paola Gavin
Gebunden. 70 farbige Abbildungen.
256 Seiten. 29 Euro.
RezensionRoman
"Kriegslicht" von Michael Ondaatje gehört zu den besten Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Vielleicht sogar zu den besten Büchern, die ich je gelesen habe. Über die Story - auch wenn sie grandios ist - möchte ich nicht zu viel verraten, denn diesen Roman muss man selbst entdecken.
"Im Jahr 1945 gingen unsere Eltern fort und ließen uns in der Obhut zweier Männer zurück, die möglicherweise Kriminelle waren.", lautet der erste Satz von "Kriegslicht". Fortan herrscht in geschäftiges Treiben im Elternhaus der Geschwister Nathaniel und Rachel. Dubiose Gestalten Kommen und Gehen. Einzig "der Falter", der in die Rolle eines Ersatzelternteils schlüpft und "der Boxer", stellen eine Art Konstante im Leben der Geschwister dar.
Jahre später, Nathaniel und seine Schwester Rachel sind bereits ein erwachsen, blickt Nathaniel zurück, versucht die Geschichte seines Lebens (und die seiner Familie) auszuleuchten und mit Sinn zu füllen. Die Rückschau nähert sich immer mehr der Gegenwart an und am Ende von "Kriegslicht", liegt sie (beinahe) offen dar.
"Kriegslicht" ist sprachlich meisterhaft erzählt. Ruhig und poetisch. Die Übersetzung von Anna Leube ist fabelhaft. Die Beschreibungen der nächtlichen Bootsfahrten über die Themse, die Nathaniel in Begleitung des Boxers unternimmt, gehören zu den beeindruckendsten und schönsten Szenen, die ich je gelesen habe und die lange nachhallen. Ich habe mich an Dickens "Great Expectations" und Pips Streifzüge durch das Marschland erinnert gefühlt. In völligem Kontrast zu der literarischen Schönheit steht die der Erzählung innewohnende dunkle Seite und die unterschwellig brodelnde Spannung. Doch selbst als diese Spannung sich entlädt, es Opfer gibt, bleibt der Roman poetisch und gleitet nichts in Banale ab.
Der Titel des Romans deutet es bereits an: Die Lichtmetaphorik in "Kriegslicht" ist ausgefeilt und absolut grandios. Vieles liegt im Dunkeln, vielen bleibt im Dunkeln. Wie eine Figur aus einem Roman Kafkas ist Nathaniel auf der Suche nach Lichtpunkten, nach hellen Stellen, die ihm helfen, das Rätsel um seine Eltern und ihr Verschwinden und die Verstrickungen des Falters und des Boxers zu verstehen, doch er stößt auf Widerstände, auf Schweigen. Vieles, so wird am Ende des Roman klar, ist nur eine mögliche Version dessen, was geschehen ist.
Kriegslicht von Michael Ondaatje
Gebunden mit Schutzumschlag.
320 Seiten. 24 Euro.
Rezension: Kriegslicht von Michael Ondaatje
"Kriegslicht" von Michael Ondaatje gehört zu den besten Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Vielleicht sogar zu den besten Büchern, die ich je gelesen habe. Über die Story - auch wenn sie grandios ist - möchte ich nicht zu viel verraten, denn diesen Roman muss man selbst entdecken.
Jahre später, Nathaniel und seine Schwester Rachel sind bereits ein erwachsen, blickt Nathaniel zurück, versucht die Geschichte seines Lebens (und die seiner Familie) auszuleuchten und mit Sinn zu füllen. Die Rückschau nähert sich immer mehr der Gegenwart an und am Ende von "Kriegslicht", liegt sie (beinahe) offen dar.
"Kriegslicht" ist sprachlich meisterhaft erzählt. Ruhig und poetisch. Die Übersetzung von Anna Leube ist fabelhaft. Die Beschreibungen der nächtlichen Bootsfahrten über die Themse, die Nathaniel in Begleitung des Boxers unternimmt, gehören zu den beeindruckendsten und schönsten Szenen, die ich je gelesen habe und die lange nachhallen. Ich habe mich an Dickens "Great Expectations" und Pips Streifzüge durch das Marschland erinnert gefühlt. In völligem Kontrast zu der literarischen Schönheit steht die der Erzählung innewohnende dunkle Seite und die unterschwellig brodelnde Spannung. Doch selbst als diese Spannung sich entlädt, es Opfer gibt, bleibt der Roman poetisch und gleitet nichts in Banale ab.
Der Titel des Romans deutet es bereits an: Die Lichtmetaphorik in "Kriegslicht" ist ausgefeilt und absolut grandios. Vieles liegt im Dunkeln, vielen bleibt im Dunkeln. Wie eine Figur aus einem Roman Kafkas ist Nathaniel auf der Suche nach Lichtpunkten, nach hellen Stellen, die ihm helfen, das Rätsel um seine Eltern und ihr Verschwinden und die Verstrickungen des Falters und des Boxers zu verstehen, doch er stößt auf Widerstände, auf Schweigen. Vieles, so wird am Ende des Roman klar, ist nur eine mögliche Version dessen, was geschehen ist.
Vielen Dank an den Hanser Verlag für das Rezensionsexemplar,
ich werde "Kriegslicht" ganz sicher ein zweites Mal lesen.
Kriegslicht von Michael Ondaatje
Gebunden mit Schutzumschlag.
320 Seiten. 24 Euro.
RezensionRoman
"Heilige und andere Tote" von Jess Kidd. Ausgelesen (und auf Instagram in aller Kürze vorgestellt) bereits im August, bei DuMont erschienen bereits im September und nun also besprochen im November. November? Die Zeit rast, der Dezember steht vor der Tür und "Heilige und andere Tote" von Jess Kidd eignet sich perfekt als Weihnachtsgeschenk.
Rezension: Heilige und andere Tote von Jess Kidd
Ordnung schaffen auf dem Anwesen Bridlemere, so lautet Mauds Auftrag. Maud ist Sozialbetreuerin und ihr neuester Klient heißt Cathal Flood. Unter den Sozialarbeitern der Stadt ist Flood so etwas wie eine lebende Legende. Nicht wenige hat er durch unflätiges Verhalten und wüste Verwünschungen in die Flucht geschlagen. Der alte Mann lebt - haust, trifft es eher, denn Flood ist, was man einen Messie nennt - allein auf dem großen Anwesen Bridlemere, das seine besten Zeiten, wie sein Besitzer, schon lange hinter sich hat.
Maud ist fest entschlossen ihren Job zu erledigen, Cathal seinerseits ist fest entschlossen aus Maud aus dem Haus zu jagen. Maud und Cathal - sie belauern sich, sie gehen sich aus dem Weg. Kidd lässt Maud und Chathal ein Katz und Maus - Spiel aufführen, das einfach nur herrlich und der erste dicke Pluspunkt ist, den das Buch von mir bekommt.
Der zweite dicke Pluspunkt ist die Figur der Renata. Renata ist gleichzeitig Mauds Vermieterin und Nachbarin. Und eine Miss Marple par excellence. Ihr einziges Handicap: Sie verlässt ihre Wohnung nie. Als Maud Indizien für ein schweres Verbrechen in Bridlemere entdeckt, mutmaßlich begangen von Cathal Flood, beginnen die beiden Frauen mit Hilfe diverser Heiliger zu ermitteln. Es entspinnt sich eine grandiose Gothic-Crime Story.
Die Gothic-Crime Story ist ein Genre, das ich Dank Jess Kidd für mich entdeckt habe. Ihren Erstling "Himself", ebenfalls bei DuMont in deutscher Übersetzung unter dem Titel "Der Freund der Toten" erschienen, ist direkt bei mir eingezogen.
Vielen Dank an den DuMont Verlag für das Rezensionsexemplar!
Heilige und andere Tote von Jess Kind
Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen.
382 Seiten. 22 Euro.
RezensionRoman
"Lästige Liebe", ein Buch, das ich, kaum hatte ich es mit einem Seufzer der Erleichterung zugeschlagen, noch einmal von vorne lesen wollte. Elena Ferrantes Debütroman ist ein schweres, ein hartes Buch. Ein Buch, das den Leser zu erschüttern vermag. Ferrante erzählt darin eine Geschichte von (falscher) Erinnerung und Schuld.
Delia, Ferrantes Erzählerin in "Lästige Liebe" reist von Rom nach Neapel um ihre Mutter Amalia zu beerdigen, die Tage zuvor im Meer ertrunken ist. Neapel gleicht - wie auch später in Ferrantes mittlerweile berühmten "Neapolitanischen Saga" um Lenú und Lila - einem Moloch: Durchzogen von mafiösen Strukturen und von Testosteron triefend. Männer, die Obszönitäten flüstern, zischen und schreien. Frauen, die nur Körper, nur Objekte sind. Väter, Ehemänner, Fremde, die toben, schlagen. Frauenkörper, die bluten. Kleider, die verhüllen, entblößen und verwandeln.
Die Geschichte ist ganz aus der Perspektive von Delia erzählt, man kann nicht anders als Neapel durch ihre Augen wahrzunehmen, gefiltert durch ihre Gefühle, gefärbt durch ihre Erinnerungen. Die Satzstruktur ist manchmal sperrig, ruppig, obwohl in Ferrantes klarer Sprache geschrieben (und grandios übersetzt von Karin Krieger). Seite um Seite finden sich Bilder, Szenen, Sätze, die reich an Bedeutung sind, die sich dem Leser jedoch erst mit dem Lesen der letzten Seiten vollständig erschließen.
Nahm Amalia sich das Leben? Wurde sie ermordet? War es ein Unfall? Welche Rolle spielt Caserta, welche ihr Ex-Mann) Delia sucht nach der Wahrheit ist hart, ihre Erkenntnis am Ende der Erzählung umso mehr. Der Klappentext der frisch im Suhrkamp Verlag erschienen deutschen Erstausgabe von Ferrantes "Lästige Liebe" weist in auf Italienische bereits 1992 erschienen Debütroman als "psychologisches Meisterwerk von schwindelerregender Genauigkeit" aus. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Lästige Liebe von Elena Ferrante
Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen.
206 Seiten. 22 Euro.
Rezension: Lästige Liebe von Elena Ferrante
"Lästige Liebe", ein Buch, das ich, kaum hatte ich es mit einem Seufzer der Erleichterung zugeschlagen, noch einmal von vorne lesen wollte. Elena Ferrantes Debütroman ist ein schweres, ein hartes Buch. Ein Buch, das den Leser zu erschüttern vermag. Ferrante erzählt darin eine Geschichte von (falscher) Erinnerung und Schuld.
Delia, Ferrantes Erzählerin in "Lästige Liebe" reist von Rom nach Neapel um ihre Mutter Amalia zu beerdigen, die Tage zuvor im Meer ertrunken ist. Neapel gleicht - wie auch später in Ferrantes mittlerweile berühmten "Neapolitanischen Saga" um Lenú und Lila - einem Moloch: Durchzogen von mafiösen Strukturen und von Testosteron triefend. Männer, die Obszönitäten flüstern, zischen und schreien. Frauen, die nur Körper, nur Objekte sind. Väter, Ehemänner, Fremde, die toben, schlagen. Frauenkörper, die bluten. Kleider, die verhüllen, entblößen und verwandeln.
Die Geschichte ist ganz aus der Perspektive von Delia erzählt, man kann nicht anders als Neapel durch ihre Augen wahrzunehmen, gefiltert durch ihre Gefühle, gefärbt durch ihre Erinnerungen. Die Satzstruktur ist manchmal sperrig, ruppig, obwohl in Ferrantes klarer Sprache geschrieben (und grandios übersetzt von Karin Krieger). Seite um Seite finden sich Bilder, Szenen, Sätze, die reich an Bedeutung sind, die sich dem Leser jedoch erst mit dem Lesen der letzten Seiten vollständig erschließen.
Nahm Amalia sich das Leben? Wurde sie ermordet? War es ein Unfall? Welche Rolle spielt Caserta, welche ihr Ex-Mann) Delia sucht nach der Wahrheit ist hart, ihre Erkenntnis am Ende der Erzählung umso mehr. Der Klappentext der frisch im Suhrkamp Verlag erschienen deutschen Erstausgabe von Ferrantes "Lästige Liebe" weist in auf Italienische bereits 1992 erschienen Debütroman als "psychologisches Meisterwerk von schwindelerregender Genauigkeit" aus. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Vielen Dank an den Suhrkamp Verlag für das Rezensionsexemplar.
Lästige Liebe von Elena Ferrante
Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen.
206 Seiten. 22 Euro.
Rezension
WERBUNG | REZENSIONSEXEMPLAR
Jackson Lamb furzt ungeniert in der Öffentlichkeit, ist übergewichtig, sarkastisch und vollkommen unberechenbar. »Kannst du dich an Sam Chapman erinnern?« fragt Nick Duffy, Chef der »Dogs« des britischen Secret Service und fährt fort: »Bad Sam hat mal gesagt, er würde niemanden fürchten außer übergewichtigen Typen mit Mundgeruch und schlechtsitzenden Hemden. Wissen Sie, warum? Weil alle Jubeljahre einer davon mal Jackson Lamb sein könnte.« Lamb ist außerdem Ex-MI5 Agent und - offensichtlich - eine lebende Legende. Sein Autor, der Brite Mick Herron, hat für seine Spionage Thriller- Serie um Jackson Lamb bereits diverse Preise und Auszeichnungen erhalten. Für das deutschsprachige Publikum erscheint die Reihe nun nach und nach im Diogenes Verlag. Slow Horses macht den Anfang, in einer Übersetzung von Stefanie Schäfer.
Jackson Lamb erscheint wie die bad-assVariante von Joanne K. Rowlings Privatdetektiv Cormoran Strike. Zu seiner ungepflegten Erscheinung und seiner Rüpelhaftigkeit kommt seine scharfe Zunge, die er auch Autoritäten gegenüber nicht ihm Zaum hält: »Ihr Glaube wäre ja rührend, wenn mich Ihre Blödheit nicht zum Kotzen brächte.« In seine Gedanken- und Gefühlswelt lässt Herron den Leser jedoch nicht blicken. Lamb ist der Archetypus des wahrhaft abstoßenden Antihelden, aber Herron schafft es durch ausgeklügelte Leserlenkung Sympathien für ihn zu erwecken. Man kommt nicht umhin sich zu fragen: Wer ist dieser Jackson Lamb wirklich? Was hat er zu verbergen?
Anders bei River Cartwright, einem Ex-Agenten aus dem Team der Abservierten. Cartwrights Karriere endete bevor sie überhaupt begonnen hatte. Groß, schlank, voller Elan, voller Leidenschaft für den Beruf des Agenten, ist er das Gegenteil von Lamb. Bereits Cartwrights Großvater (OB, für Old Bastard) war ein Agent beim MI5: »Zum zwölften Geburtstag hat er mir dann le Carrés gesammelte Werke geschenkt. Ich weiß noch, was er damals darüber gesagt hat. Erfundene Geschichten. Aber das bedeutet nicht, dass sie nicht wahr sind.« Das erste Kapitel von Slow Horsesdreht sich allein um Cartwright und gehört zu den spannendsten ersten Kapiteln, die ich je gelesen habe. Gleichzeitig liefert es die Antwort auf die Frage, wie Cartwright »von der Überholspur« abkam und zu den Slow Horses geriet. Nervenkitzel pur.
Slow Horsesvon Mick Herron
Diogenes Verlag. 480 Seiten. 24 Euro.
Gebunden mit Schutzumschlag.
Slow Horses von Mick Herron
WERBUNG | REZENSIONSEXEMPLAR
Jackson Lamb furzt ungeniert in der Öffentlichkeit, ist übergewichtig, sarkastisch und vollkommen unberechenbar. »Kannst du dich an Sam Chapman erinnern?« fragt Nick Duffy, Chef der »Dogs« des britischen Secret Service und fährt fort: »Bad Sam hat mal gesagt, er würde niemanden fürchten außer übergewichtigen Typen mit Mundgeruch und schlechtsitzenden Hemden. Wissen Sie, warum? Weil alle Jubeljahre einer davon mal Jackson Lamb sein könnte.« Lamb ist außerdem Ex-MI5 Agent und - offensichtlich - eine lebende Legende. Sein Autor, der Brite Mick Herron, hat für seine Spionage Thriller- Serie um Jackson Lamb bereits diverse Preise und Auszeichnungen erhalten. Für das deutschsprachige Publikum erscheint die Reihe nun nach und nach im Diogenes Verlag. Slow Horses macht den Anfang, in einer Übersetzung von Stefanie Schäfer.
Slow Horses & Slough House
Wer in Slough House landet, hat es beim MI5 verbockt. In dem unscheinbaren Gebäude im Herzen Londons arbeiten River Cartwright, Roderick Ho, Jed Moody, Catherine Standish, Min Harper, Louisa Guy, Struan Loy und Sidonie Baker und transkribieren abgehörte Telefonate. Herrscher über dieses Königreich der Abservierten ist Jackson Lamb. Lamb thront in seinem Büro, im obersten Stockwerk des Gebäudes, lässt sich Tee servieren und döst in seinem ächzenden Bürostuhl. Zwischen den Kollegen herrscht Eiszeit. Als ein pakistanischer Jugendlicher entführt wird, dessen Entführer drohen den Jungen vor laufender Kamera zu enthaupten, bricht die Monotonie der »Slow Horses« und im sonst trägen Slough House wird es hektisch. Der lang ersehnte »richtige Fall« erweist sich als erstklassige Teambildungsmaßnahme.Jackson Lamb erscheint wie die bad-assVariante von Joanne K. Rowlings Privatdetektiv Cormoran Strike. Zu seiner ungepflegten Erscheinung und seiner Rüpelhaftigkeit kommt seine scharfe Zunge, die er auch Autoritäten gegenüber nicht ihm Zaum hält: »Ihr Glaube wäre ja rührend, wenn mich Ihre Blödheit nicht zum Kotzen brächte.« In seine Gedanken- und Gefühlswelt lässt Herron den Leser jedoch nicht blicken. Lamb ist der Archetypus des wahrhaft abstoßenden Antihelden, aber Herron schafft es durch ausgeklügelte Leserlenkung Sympathien für ihn zu erwecken. Man kommt nicht umhin sich zu fragen: Wer ist dieser Jackson Lamb wirklich? Was hat er zu verbergen?
Anders bei River Cartwright, einem Ex-Agenten aus dem Team der Abservierten. Cartwrights Karriere endete bevor sie überhaupt begonnen hatte. Groß, schlank, voller Elan, voller Leidenschaft für den Beruf des Agenten, ist er das Gegenteil von Lamb. Bereits Cartwrights Großvater (OB, für Old Bastard) war ein Agent beim MI5: »Zum zwölften Geburtstag hat er mir dann le Carrés gesammelte Werke geschenkt. Ich weiß noch, was er damals darüber gesagt hat. Erfundene Geschichten. Aber das bedeutet nicht, dass sie nicht wahr sind.« Das erste Kapitel von Slow Horsesdreht sich allein um Cartwright und gehört zu den spannendsten ersten Kapiteln, die ich je gelesen habe. Gleichzeitig liefert es die Antwort auf die Frage, wie Cartwright »von der Überholspur« abkam und zu den Slow Horses geriet. Nervenkitzel pur.
Messing with the reader
Mick Herron hat Slow Horses geschickt konstruiert. Der Spannungsbogen bleibt konstant, die Handlung wird kontinuierlich vorangetrieben. Die einzelnen Kapitel unterteilen sich in einzelne Abschnitte, in denen der Erzähler seinen Blick gewissermaßen von einer Figur zu einer anderen Figur springen lässt. So fügt sich eine einzelne Szene, wie bei einem Puzzle, erst nach und nach zu einem kompletten Bild. Herron, der in Oxford English Literature studiert hat, schreibt eindrucksvolle, starke Bilder: »River erreichte den Bahnsteig in dem Moment, als ein Zug wie ein großes, langsames Tier herbeikroch, nur Augen für ihn. Und es hatte viele Augen. River spürte alle von ihnen, all diese Augenpaare, die im Bauch des Monsters gefangen und auf ihn gerichtet waren, als er den Bahnsteig entlang starrte, zu einer Person, die gerade aus einem Notausgang am anderen Ende aufgetaucht war.« Die Szenen zuvor waren rasant, von Hektik geprägt. Kurze, schnelle Sätze. Darauf lässt Herron diesen Absatz folgen, ein Komma, nach dem anderen. Wie die Waggons der einfahrenden U-Bahn, die sich langsam in die Station King's Cross schiebt, schiebt sich der lange Satz in das Blickfeld des Lesers, bremst den schnellen Lesefluss aus. Dramatik und Spannung hingegen schnellen in die Höhe. In einem Interview mit Ian Fleming Publications sagte Mick Herron: »It's the mainstay of the Thriller, really: messing with the reader. And speaking as a reader myself, I enjoy it when an Author does that to me.« Slow Horsesist gespickt mit falsche Finten. Vorzugsweise dienen sie als kleine Cliffhanger am Ende einer Puzzlestück-Szene. Wer Thriller liest um Ah-, Oh-, Oh nein- oder Du liebe Güte-Moment zu erleben, dem sei Mick Herrons Spy Thriller wärmstens ans Herz gelegt.Slow Horsesvon Mick Herron
Diogenes Verlag. 480 Seiten. 24 Euro.
Gebunden mit Schutzumschlag.
Vielen Dank an den Diogenes Verlag für das Rezensionsexemplar.
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